Trailrunning - Bodenschneid - 8.5.15

Winni Mühlbauer - Trailrunning Überschreitung Bodenschneid - 8.5.15


8.5.15
Von oim eps
Winni

"
Mit dene Schua kommst du da nie auffi". Zuhause wird dieser freundliche, Mut machende ältere Herr gesagt haben, dass er heute einen däppadn Depp getroffen hat, der mit Turnschuhen, Shorts und Stöpsel in den Ohren die verschneite Nordflanke der Bodenschneid hinauf wollte. Wie sollte dieser Mann auch schonmal auf die seltene und scheue Spezies Trailrunner gestoßen sein, wenn heute - seit langem mal wieder ein sonniger Tag - gerademal vier Personen auf dem Gipfel waren und auch sonst kaum jemand unterwegs war? Daher gibt es mangels FotografInnen heute von mir keine Bilder in Aktion. Vielleicht eine Wohltat für so manchen ;-). Am Gipfel wartete dann doch noch jemand auf mich, und hätte der ältere Herr diese junge Polin gesehen, deren Shorts nichtmal die Pobacken ganz verdeckte, dann hätte er sicherlich drei Mal hingeguckt, ob er da richtig sehe, und dann die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.

Jedenfalls fühlte ich mich wohl, als mich diese drei Damen die Nordflanke hoch in ihre Mitte genommen hatten und mich auf die Bodenschneid (1667m) führten. Drei Damen? Bisher war doch nur von einer die Rede. Gemach, gemach, das wird noch aufgelöst. Noch stehe ich auf dem nahezu verwaisten riesigen kostenlosen Wanderparkplatz an der Mautstelle in Enterrottach und weiß noch nicht, dass ich mich gleich am Anfang verlaufen werde. Wobei es ein Verlaufen für Trailrunner nicht gibt. Eher ist es, um eine Analogie aus der Musik zu bringen, eine Coda, die aber nicht unbedingt am Ende hängen muss. Es ist ein kleines Anhängsel irgendwo, irgendwann, der Ausdauer dienlich.

Ob man die Bodenschneidüberschreitung so rum oder anders herum laufen möchte, ist Geschmackssache. Da mir es nicht geschmeckt hätte, den Downhill auf der Nordseite, wo ich Schnee vermutet hatte, zu laufen, lief ich die Runde wie folgt:

Enterrottach - Kühzagl-Alm - Bodenschneid-Haus - Gipfel über die Nordflanke - Abstieg über die Südwestflanke - Rottachfälle - Enterrottach.
Länge: 13,6km, 900hm.

Vom Parkplatz aus geht es ein Stück auf der Teerstraße zurück, bis man auf die Kühzaglstraße trifft. In die biegt man rechts ein, statt geradaus weiterzulaufen, wie ich es tat, weil ein gelbes Wanderschild mich falsch geleitet hatte. In Kühzagl geht es bei einer Kapelle links in den Wald hinein und hoch zur Kühzaglalm (1070m). Dieser Forstweg mit ca. 20% Steigung ist eine Herausforderung für die Kondition und Kontemplation: Wenn man es schafft, sich dabei etwa 45 Min. beim Festbeißen festzubeißen ... läßt man irgenwann los. Das ist der Moment, wo das Denken aufhört und sich trotz aller Anstrenung ein Rhythmus einstellt, der den Kopf frei macht für Gedanken, wenn sie denn kommen wollen. Da der Forstweg kaum Stolpersteine hat und links und rechts nur Bäume zu sehen sind, besteht keinerlei Ablenkung. Kurz vor der Alm holte mich eine Lichtung aus der Lauftrance, und ich blickte auf die Bodenschneid.

Endlich hatte der Name ein Gesicht, und das Gesicht gefiel mir.

Ihr zu Füßen liegt das bewirtschaftete Bodenschneid-Haus. Auf dem Weg dorthin, noch immer ein Forstweg, traf ich diesen älteren Herren, der nicht vom Gipfel kam aber wusste, dass ich mit Turnschuhen nie dort hinauf komme. Eine angenehmere Begegnung war die mit den zwei jungen Damen, die auf der Terrasse gerade dabei waren, ihr Geschirr zurückzubringen. Auch sie wollten zum Gipfel und hatten gehört, dass zwar ein bisschen Schnee auf dem Steig liegt und es sehr nass ist, es aber dennoch kein Problem sei. Bevor ich weiterlief, schaute ich mir noch ihr Schuhwerk an. Die eine Wanderschuhe, die andere Joggingschuhe ohne Grip.

Überwiegend in der warmen Sonne ging es im Zickzack hinauf, gleich anfangs an einem Drahtseil entlang, weiter durch weichen und nassen Schnee, schon mal auf allen Vieren, dann wieder über nasse Steine und Felsen. Auf halber Strecke entdeckte ich ein gutes Stück über mir noch eine junge Dame. Ihre Fußstapfen sind es, die mir helfen, mich rasch zu orientieren, wenn der Pfad nicht sichtbar ist, weil noch viel Winterkacka hier herumliegt. Nach einer Weile sehe ich auch die anderen beiden Damen, die mir folgten, und hörte meine innere Stimme: "Jetzt haben dich diese drei Damen in ihre Mitte genommen." Sowas kommt raus, wenn der Kopf frei ist. Ich kraxle das letzte Stück zum Gipfel hoch, wo ich auf die junge Polin treffe, die nur ein paar Brocken Deutsch und keinerlei Englisch spricht, dafür mit ihrem Fotoapparat herumturnt, von Fels zu Fels hüpft, um tolle Bilder vom Jesus am Kreuz zu knipsen. Für meinen Geschmack war sie manchmal zu weit an der Kante, aber sagen wollte ich nichts, weil sie ohnehin sehr verlegen war, da sie sich nicht artikulieren konnte. Immerhin haben wir uns dann gegenseitig fotografiert - und wieder konnte sie es nicht lassen, auf einem Felsen herumzuturnen um zu sehen, ob es dahinter tief hinunter geht.

Noch bevor die beiden anderen Mädels auf dem Gipfel ankamen - ich hoffe, es hat trotz des fehlenden Grip geklappt - machte ich mich in milder Luft und unter weiß-blauem Himmel auf, die Südseite Richtung Enterrottach hinunterzu ... . Steigen. Erstmal. So steil es auf der Nordseite hinauf ging, geht es hier hinunter. Statt Schnee, sattes Grün. Und die ersten Almwiesenblümchen. Der Steig aber hat es in sich, ist steil, verblockt, irgendwie bockig. Bald aber wird er zahmer und mir gelingt es, in den Downhill-Modus zu kommen, immer besser ... Noch ist es eher ein Cruisen. Aber dann ..., ich traue meinen Augen kaum: der Singletrail wie frisch gekehrt. War da vor mir ein Putztrupp unterwegs? Inline-Skater hätten hier hinunter sicher Spaß gehabt. Und schon verschluckte mich wieder der Wald, und bald hatte ich aufgehört, die vom letzten Sturm umgefallenen Bäume zu zählen, Hürden, die immer wieder anders genommen werden mussten. Einmal gings außen herum, und ich übersah einen Stacheldraht am Boden. Pieks! Aua! Und weiter. Mit kurzem Stopp an den Rottach-Fällen.

Von oim eps: Frühlingsblumen und Schneefelder. Sonne, Wolken, Wind. A oider Depp und drei Madl. A bockiger Pfad, der zum Lämmchen wurde ...

An diesem Freitag kam ich gegen 15:30 Uhr am Parkplatz an der Mautstelle in Enterrottach an, und wunderte mich, dass insgesamt nur vier Fahrzeuge hier standen. Viele aber passierten die Mautstelle und fuhren zur Moni-Alm hoch. Für mich war das noch zu früh. Ich werde noch etwa 2200 Stunden warten, dann ist Spätsommer. Und dann ... dann gibt es auf der Moni-Alm wieder feinen Zwetschgendatschi.

Bis bald:
In the meantime: Donna The Buffalo - "Don't Know What We've Got"

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