Trailrunning: Trainsjoch-Überschreitung

Winni Mühlbauer - Trailruning - Trainsjoch 30.7.19


30.07.19
Landl in Sicht
Winni

Bayrischzell liegt schon hinter mir. Unterwegs im wunderschönen Ursprungstal fahre ich vorbei am Wanderparkplatz Mariandlalm, die kürzere Variante hinauf zum Trainsjoch. Dann endlich: Landl in Sicht. Im Ort halte ich und frage ein Weibetz (tirolerisch für Frau): Please, where is the railway station? Sie guckt. Railway. Train. Station? Where? Sie rennt panisch davon. Vielleicht habe ich das auch nur geträumt.

Noch ein Stückchen weiter und ich erreiche das Schmidtal. Eine freundliche ältere Tirolerin erlaubt mir das Parken auf ihrem Grundstück. Die zwei Kilometer Teerstraße rauf nach Moar will ich laufen, da die Runde heute mit 16km und 1075hm ohnehin kurz ausfallen wird. Es ist hübsch schwül. Schon beim Umziehen fange ich an zu schwitzen. Die Sonne hat Erbarmen und zieht sich die dünne Bettdecke über den Kopf, als sie mich da unten die schattenlose dahinmäandernde Teerstraße hochkeuchen sieht - so schick sie auch von Grün eigerahmt ist.

Nach zwei Kilometern erreiche ich Moar, eine Ansammlung teils schicker Häuser und ein paar Bauernhöfe. Danach laufe ich auf einem leicht ansteigenden Forstweg weiter, finde meinen Rhythmus und ziehe mich Schritt für Schritt hoch. Aussicht Null. Neben einer Bank - nach insgesamt 4km - dann links ein Pfad. Thomas Bucher schreibt in seinem Buch "Speedhiking Münchner Hausberge", dass er hinauf den Forstweg bevorzugt, weil man ihn gut laufen kann. Stimmt! Da der Laufanteil bei meiner letzten Runde mager ausgefallen ist und meine Kondition vom vielen Faulenzen am See ziemlich abgekackt ist, laufe auch ich den Forstweg weiter in sommerlicher Schwüle. Schweiß tropft mir von Stirn und Nase. Nach wie vor keine Stelle mit schöner Aussicht; meinen Blick auf den breiten Weg gerichtet, schnaufe ich wie ein alte Dampflock weiter hinauf, Meter für Meter.

Nach gut 6000 Metern spuckt mich der Wald aus. Der Blick wird frei auf die Almen nahe der Jausenstation Trainsalm (1285m). Das Trainsjoch kann ich nicht ausmachen, da Wolken die Felsformationen darüber einhüllen, Wolken, aus dem Ursprungstal hochsteigend und sich majestätisch auftürmend, ohne zu drohen. Ein Stück oberhalb der Almen dann endlich ein feiner, leicht ansteigender Bergpfad. Langsam trabe ich weiter hinauf in eine mystische Welt. Zarte Nebelschwaden wabern schwerelos umher und hüllen mich auf den letzten steilen 200 Höhenmetern am Westgrat mehr und mehr ein. Es ist windstill. Dann taucht das Kreuz auf. Eine kurze Kraxelei und ich stehe auf dem Gipfel (1707m). War ich bisher nahezu allein, treffe ich hier auf zwei Wanderinnen. Für ein Foto mag ich sie nicht stören, sie wirken abweisend. Mein Blick, sonst mehr auf die Panoramen gerichtet, wird angezogen vom weiteren Gratverlauf, spannend in Szene gesetzt durch eine natürliche Nebelmaschine.

Von unten höre ich Stimmen - wohl der "Bus" von der Mariandlalm. Noch ein letzter Blick hinüber zum Traithen, wo ich vor 20 Tagen unterwegs war, die Stöcke geschnappt und ab auf den Grat. Rauf und runter geht's; wer laufen will, kann laufen. Ich lustwandle hier und mache Fotos. Zumal die Szenerie durch den Nebel weiterhin mystisch ist. Der Blick zurück aufs Trainsjoch: faszinierend. Seine Ostseite völlig frei, die Westseite zugewölkt. Der Gipfel mal frei, mal in den Wolken. Ich passiere zwei leicht ausgesetzte Stellen, wo Schwindelfreiheit angesagt ist, und laufe hin und wieder ein paar Meter. Den Großvenediger soll man von hier aus sehen können. Heute leider nicht. War der Pfad bisher leicht trutzig und geprägt von Felsen und Latschen, erreiche ich bald eine Kante, nach der mich ein gut zu laufender Singletrail weiter hinunterbringt. Rechts unten sehe ich wieder die kleinen Almgebäude, acht an der Zahl.

Dann plötzlich. Kein Trail mehr. Verschluckt vom Grün. Eine mehrere hundert Meter breite Almwiese führt hinunter zur Trainsalm. Freie Wahl der Route. Weniger durch Kuhklauen zerpflügt als erwartet, lasse ich die Sau raus und sause hinunter, bis mir die Oberschenkel glühen. Unten angekommen suche ich nach dem Pfad, den ich heute morgen hätte hochlaufen können. Er zweigt unweit der untersten Alm rechts ab und ist nicht gekennzeichnet. Um es vorwegzunehmen: Dieser meist parallel zum Forstweg verlaufende Trail ist unschwierig und flowig zu laufen. Schade, dass ich ihn nicht raufgelaufen bin. Bald treffe ich wieder auf die Fortstraße und finde den Anschluß gleich auf der anderen Seite. Das letzte Stück über weichen Waldboden gefällt mir besonders gut. War ich bis jetzt geneigt, die Trainsjoch-Runde nur eingeschränkt zu empfehlen, vergebe ich jetzt ein Daumen-Hoch.

Nach diesem Singletrail sollte auch die Kröte einigermaßen gut schmecken, die es am Ende noch zu schlucken gilt: Die letzten 4km hinunter auf dem Forstweg samt Abschluß über Asphalt. Am Auto angekommen trockne ich mich erstmal ab und ziehe mich um. Der Tag war schwül. Ich lechze nach einer Erfrischung. Durch das Ursprungstal fließt einer der Quellbäche der Leitzach in Richtung Bayrischzell. Nur leider an keiner Stelle zugänglich. Ich fahre weiter. Dann ein Schild "Hinterthiersee 3km". Ich will nach Hause und fahre vorbei. Wenig später ärgere ich mich. Wie schön wäre ein Sprung .... Ein Sprung!? Wohin eigentlich? Denn Zuhause sehe ich, dass es nur einen Ort mit diesem verheißungsvollen Namen gibt, aber keinen See.

Bis bald:
In the meantime: Randy Rogers Band - Better Than I Ought To Be

'Cause I'm a whole lot better than I ought to be
Don't know why things keep going right for me
All I've ever done is run wild and free
I'm a whole lot better than I ought to be'

Video: TRAILRUNNING PITZTAL - Pitztal Glacier Trail 2018

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