Ebner Joch - Rofan

Winni Mühlbauer - Trailrunning - Achensee Ebner Joch - Rofan - 13.10.18


13.10.18
Der Unerreichbare
Winni

Steile Felswände. Mit einer Spitze obendrauf. Nix für mich. Majestätisch steht er alleine am Südende des Achensees. Jedesmal, wenn ich im Rofan unterwegs war, bewunderte ich diesen imposanten Berg, dessen Namen ich Anfang dieses Jahres nichtmal kannte. Blieb stehen, staunte. Vor allem auf dem Downhill von der Dalfaz Alm hinunter zur Talstation der Rofan-Seilbahn, wo ich direkt auf ihn zulief und dauernd im Blick hatte.

Hier ein schönes Foto einer Foto-Webcam vom 12.12.18

Als ich heute diesen Pfad am Ende meiner Runde wieder hinunterlief, dann stehen blieb und hinüber sah, dorthin von wo ich her kam, trieb es mir fast Tränen in die Augen. Dass ich heute bei allerschönstem Wetter auf dieser Spitze gestanden bin, machte mich demütig und glücklich.

Etwas, was ich nicht in Worte fassen kann, hatte mich mit diesem Berg verbunden, vielleicht ein stilles Versprechen, das heute eingelöst worden ist.


Es ist mir schnuppe, dass Samstag ist, mögliche Monsterstaus hin oder her. Wolkenlos und warm versprach der Wetterbericht meteoblue, DER Tag für den Achensee und seine Berge. Um 7:30 Uhr fahre ich los und lande in einem Rutsch in Maurach, dem Hauptort der Gemeinde Eben. Kostenlos parke ich mein Auto an der Talstation der Seilbahn. Auf das Ebner Joch führen viele Wege, der meist genutzte ist der südliche, von Eben aus über die Astenau Alpe. Zu dieser sonnig gelegenen Alm gelangt man auch von Maurach aus über einen Höhenweg. Den werde ich nach Überschreitung zurücklaufen. Für den Aufstieg wähle ich den nördlichen Huber Steig, ein im oberen Teil recht luftiges Steiglein mit hübschen Tiefblicken.

Erstmal aber geht es den steilen Pfad hinauf in Richtung Erfurter Hütte bis zur Buchauer Alm (1385m). Es ist schattig und kühl, ideal, um beim sich Hochschleppen nicht gleich ins Schwitzen zu kommen. Nach der Buchauer Alm passiere ich die Talstation des Mauritz-Sesselifts und biege an einer Gabelung rechts auf den Huber Steig ab. Die ersten 450hm sind geschafft. Kurz laufe ich über eine Wiese und werde dann vom Bergwald verschluckt. Zunächst geht es auf einem verblockten Pfad nicht allzu steil bergauf, dann wechselt das Terrain und wird zunehmend wilder. Wird der Blick frei hinunter zum Achensee und hinüber zum Bärenkopf und Stanser Joch, wo ich vor drei Wochen herumgeturnt bin, bleibe ich stehe und studiere den damaligen Weglauf, vor allem den steilen Abstieg über das Halsl und weiter hinunter.

Noch bin ich unterwegs im Bergwald und freue mich über laufbare Abschnitte, dann aber wird das Gelände freier und der schmale Pfad steiler. Ein erster Blick hinauf zum Gipfelkreuz. Uff! Ganz schön felsig. Ich quere ein Schotterfeld und finde mich weiter oben in steilem Gelände zwischen Lawinenverbauungen wieder. Froh, wieder Latschen neben mir zu sehen, gehe ich weiter und erreiche den Abzweiger rechts hinunter zur Astenau Alpe. Ich laufe links weiter immer noch durch Latschen. Das ändert sich zusehens, je näher ich dem felsigen Ebner Joch (1957m) komme. Plötzlich, in steilem felsigen Gelände, eine Unruhe. An mir vorbei drängeln sich fünf, sechs Bergläufer in Shorts und Trägerhemden, die dicht an dicht wie ein Schnellzug an mir vorbei zum Gipfel hinauf laufen. Wow! Wenig später, nach insgesamt 5km, erreiche auch ich diesen Spitz ... und ...

... bin sprachlos. Vor mir baut sich das gesamte Rofangebirge hellerleuchtet in seiner puren Schönheit auf. Das Rofan, wo ich zusammen mit Christian meine bisher schwerste Tour gemacht habe: Hochiss mit anschließender Unnütz-Überschreitung. Das Rofan, wo ich an einem warmen und wolkenlosen Tag im Januar 2018 einen phantastischen Winter-Flow hoch zur Rofanspitze hatte und die Erdkrümmung sehen konnte. Das Rofan, das ich kennen- und lieben gelernt habe. Und heute stehe ich auf dem Ebner Joch, ein Eckpfeiler des Rofan, und habe dieses von der Sonne verwöhnte Gebirge als Panorama vor mir - zum Niederknien schön!

Nicht nur das Rofan macht mir Gänsehaut, auch der Blick hinüber zum Bärenkopf und Stanser Joch mit seinem langen Rücken beeindruckt mich tief, der Bärenkopf, der von hier aus niedlich und niedrig wirkt, obwohl er mit seinen 1991m das Ebner Joch um 34m überragt. Ich schaue hinunter ins Ziller- und Inntal. Dann drehe ich mich um. Der Achensee. Direkt unter mir Eben und Maurach. Weiter drüben Pertisau und dahinter die Hauptkette des Karwendels. Rechts die Seebergspitze. Ein Traum. Kaum auszudrücken, wie dankbar ich bin, hier oben stehen zu dürfen. Und als wäre das noch nicht genug, schaue ich hinüber zum Wilden und Zahmen Kaiser, den ich am 5.10.18 überschritten habe. Möchte innere Einkehr nehmen. Geht leider nicht, da sich viele Gipfelstürmer gegenseitig mangels Platz fast auf die Zehen steigen und weil immer wieder Fotowünsche erfüllt sein wollen. Auch meine.

Ich setze und stärke mich. Staune weiter. Und freue mich auf den Lauf hinüber, dorthin, was von hier so weit scheint, das Rofangebirge. Ich packe meine Sachen, erfülle noch den Wunsch eines Sohns, ihn zusammen mit seinem Vater vor dem Kreuz zu fotografieren und steige ein Stück ab. Bleibe stehen.

Drehe um und gehe nochmal hoch. Habe begriffen, dass ich diese Einmaligkeit zweimal erleben sollte.

Dann mache ich mich endgültig auf und steige hinunter. Werde von einem Ehepaar gefragt, ob ich auch am Astenlauf teilnehme. Sie hätten unten an der Alpe ein Ziel-Transparent gesehen. Ich verneine und frage mich, warum da nur fünf Teilnehmer gestartet sind, denn nach dieser 5er-Gruppe kam niemand mehr. Ich schwenke auf den Pfad ein hinunter zu dieser Alpe (Alm), und befinde mich jetzt auf der südlichen Route, die weniger ausgesetzt ist als der Huber Steig, aber dennoch nicht unschwierig, wie sich noch herausstellen wird. Erstmal aber laufe ich gemütlich bergab durch aufgeheizte Latschengassen. Eine Tafel weist zur Kirchspitze, die ich auslasse. Leider! Es dämmert zwar nicht, aber der Ausblick wäre bestimmt schön gewesen. Dafür entdecke ich unten die Astenau Alpe und die Kapelle.

Wenig später geht es geradeaus oder rechts weiter. Ich wähle geradeaus und steige steil bergab, kann aber keine Wegmarkierungen finden. Latsche wieder hoch und gehe rechts weiter. Auch hier geht es steil über Schrofen hinunter, aber wenigstens markiert. Ich erreiche die Alm (1483m) samt voller Terrasse und reger Betriebsamkeit. Es findet gerade die Siegerehrung statt. Ich kapiere: der Astenau-Lauf ging von Eben aus "nur" hinauf zur Alpe, immerhin 900hm auf 5,5km. Auf der Web-Seite las ich: alle Wege zur Astenau Alpe sind erlaubt. Also auch mein Umweg mit 7km bis hierher. Bin also sozusagen außer Konkurrenz gesartet und lag nicht falsch, mit meinem Jubelfoto ;-).

Ich fülle meine Wasservorräte auf und beginne mit der Querung des Ebner Joch auf halber Höhe hinüber zur Buchauer Alm, wo ich abgebogen war. Auf gut 2km geht es jetzt endlich wieder auf einen reinrassigen Singletrail, der sich am steilen Hang entlang schlägelt und hin und wieder im Wald verschwindet. Tendenziell geht es leicht bergab, ca. 100hm. Zuletzt geht es kurz über einen Forstweg und ich lande erneut an der Buchauer Alm. Hinter mir liegt eine Runde, die ich jetzt zu einer Acht ausbaue.

Vor mir der nächste Anstieg hinauf zur Erfurter Hütte, schlappe 450hm. Allerdings ist es sehr warm geworden. Es gibt drei gute Gründe für mich, die Tour so laufen: 1). Die heutige Runde wäre sonst zu kurz geworden. 2.) Hinüber zur Dalfaz Alm gibt es gleich anfangs eine landschaflich reizvolle Passage, besonders im Herbst, da die "Blätter" der Lärchen gelb gefärbt sind. 3.) Auf dem Schützensteig hinunter zur Talstation habe ich das Ebner Joch vor mir.

Erstmal aber schraube ich mich hinauf und treffe an der Erfurter Hütte auf gefühlte 100.000 Wanderer und Spaziergänger. Das aber hatte ich im Kalkül, und wer kann es diesen Menschen verdenken. Alle haben hier Platz. Ich finde meinen für eine zweite Haferfütterung ein wenig abseits und mache mich dann auf zu den Lärchen. Da der Waldboden abseits des Pfades trocken ist, gehe ich querfeldein, lasse mich auf einem Baumstumpf nieder und bade im Wald. Kuschelig ist es hier, und ruhig. Zurück auf dem Weg laufe ich weiter in Richtung Dalfaz Alm und biege nach insgesamt 13km vor einem Aussichtsplatz links auf den Schützensteig, der mich im Verlauf über eine Skipiste nochmal zur Buchauer Alm bringt und damit auf den Steig, mit dem ich heute morgen diese seligmachende Runde eingeläutet hatte.

Auf dem Buckel haben ich: 17km und ca. 1500hm.

Die Etappen: Talstation - Buchauer Alm - Ebner Joch (über Huber Steig) - Astenau Alpe - Buchauer Alm - Erfurter Hütte - Dalfaz Alm - Buchauer Alm - Talstation.

Bis bald.
In the meantime: Judas Priest - worth fighting for

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